Swissmedic informiert:

Arzneimittelbehörden wurden im Sommer 2018 erstmals auf Nitrosamin-Verunreinigungen in verschiedenen Arzneimitteln, unter anderem in Blutdrucksenkern aus der Klasse der Sartane, aufmerksam. In der Folge konnten auch in anderen Arzneimitteln Spuren von Nitrosamin-Verunreinigungen nachgewiesen werden. Swissmedic evaluiert und begleitet laufend Massnahmen, um solche Verunreinigungen zu vermeiden. Nach einem von der Swissmedic-Fachgruppe Nitrosamine für Vertreterinnen und Vertreter der Industrie am 20. September 2023 durchgeführten Informationsanlass publiziert Swissmedic dazu weitere Dokumente.

Im internationalen Austausch wurden der Carcinogenic Potency Categorization Approach (CPCA) und der Enhanced Ames Test (EAT) entwickelt, die neu als Instrumente zur Abschätzung möglicher Risiken von Nitrosaminen und zur Bestimmung zulässiger Aufnahmemengen eingesetzt werden. Diese Vorgaben sind auch in der Schweiz eine Grundlage, um solche Verunreinigungen in Arzneimitteln möglichst vollständig zu vermeiden und die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit sicheren Arzneimitteln zu gewährleisten.

Bei den ursprünglich ab 2018 in Arzneimitteln nachgewiesenen Verunreinigungen handelte es sich um einfache Nitrosaminverbindungen wie zum Beispiel NDMA und NDEA. Diese können insbesondere bei der Herstellung von Wirkstoffen entstehen und normalerweise über Anpassungen im Herstellungsprozess reduziert werden. Im Laufe weiterer Analysen wurden zusätzlich komplexere substanzbezogene Verunreinigungen (Nitrosamine Drug Substance-Related Impurities, NDSRIs) sowohl in Arzneimitteln als auch in Wirkstoffen identifiziert. Für diese Verunreinigungen gibt es mehrere mögliche Ursachen. Sie können sich etwa während der Herstellung oder der anschliessenden Lagerung von Arzneimitteln bilden, wenn Wirkstoffe mit Nitritspuren in Hilfsstoffen reagieren. Analysen des offiziellen Swissmedic-Labors OMCL konnten solche Wirkstoff-ähnlichen Nitrosamine auch in Präparaten nachweisen, bei denen die Bewertung des Herstellungsprozesses und der verwendeten Materialien keinen Hinweis auf eine potenzielle Nitrosaminbildung ergeben hatten.

Im Sommer 2023 haben mehrere Heilmittelbehörden wie die europäische Arzneimittelagentur EMA, die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA oder Health Canada ihre Leitlinien zur Vermeidung von Nitrosamin-Verunreinigungen in Arzneimitteln angepasst. Darin werden ein Modell zur Risikobewertung aufgrund chemischer Strukturmerkmale (Carcinogenic Potency Categorization Approach, CPCA) eingeführt, akzeptable Aufnahmemengen («acceptable intakes», AI) für Nitrosamine in Arzneimitteln aktualisiert und der Enhanced Ames Test (EAT) beschrieben, um noch nicht definierte zulässige Aufnahmemengen für Nitrosamine zu ermitteln. Der bis dahin verwendete Standard-Mutagenitätstest (Ames Test) wurde erweitert, um die Empfindlichkeit der bisherigen Methode weiter zu verbessern und an die Eigenschaften gewisser Nitrosamine anzupassen.

Swissmedic stützt sich weiterhin auf die diversen internationalen Leitlinien, an deren wissenschaftlichen Grundlagen das Schweizerische Heilmittelinstitut als Mitglied verschiedener Fachgruppen selber mitarbeitet. Wie am Informationsanlass vom 20. September 2023 kommuniziert, bezieht sich Swissmedic auf die von der EMA publizierten akzeptablen Aufnahmemengen. Zulassungsinhaberinnen sind aufgefordert, ihre Arzneimittel und synthetischen Wirkstoffe, die für eine Nitrosylierung anfällig sind, risikobasiert zu evaluieren und die Resultate an Swissmedic zu übermitteln.

Risikobewertungen bezüglich NDSRI mit CPCA

Im Gegensatz zu Nitrosaminen mit einfacher Struktur gibt es keine spezifischen experimentellen Daten zu NDRSIs, die es erlauben würden, ihr kanzerogenes Potenzial zu ermitteln. Deshalb wurde der Carcinogenic Potency Categorization Approach (CPCA) entwickelt. Aufgrund eines Strukturvergleichs mit Nitrosaminen mit bekanntem kanzerogenem Potenzial können Risiken identifiziert und ausgehend von der chemischen Struktur unbedenkliche Aufnahmemengen abgeleitet werden. Entlang eines Entscheidungsbaums wird eine Punktezahl errechnet, aus der sich die Risikokategorie für die betreffende Substanz ergibt.

Swissmedic priorisiert Massnahmen für die CPCA-Kategorien mit den potenziell höchsten Risiken für die Patientensicherheit: Zulassungsinhaberinnen müssen Präparate mit dem Potenzial zur Bildung von NDSRIs der CPCA-Kategorien 1 und 2 bis zum 31. Januar 2024 identifizieren.

Analytische Prüfungen für NDSRI der Kategorie 1 oder 2

Präparate der CPCA-Kategorien 1 und 2 sind unter Verwendung validierter und ausreichend empfindlicher Methoden zu analysieren. Die Resultate der Untersuchungen sind Swissmedic bis zum 30. September 2024 mitzuteilen.

Seit Nitrosamin-Verunreinigungen in Arzneimitteln Mitte 2018 erstmals bekannt wurden, haben Heilmittelbehörden weltweit viele regulatorische Massnahmen (Rückrufe, Anpassung von Herstellungsvorschriften, Festlegung der Risikomanagementprozesse, Publikation von Handlungsempfehlungen) durchgeführt, mit dem Ziel, Nitrosamin-Verunreinigungen zu reduzieren beziehungsweise zu vermeiden.

Swissmedic arbeitet weiter eng mit internationalen Partnerbehörden und -organisationen sowie der Industrie zusammen, um Daten auszutauschen und den Wissensstand (z.B. über Toxizitätsdaten oder Analysetechniken) stetig zu verbessern. Die Hersteller müssen die Ursachen für die Nitrosaminbildung ermitteln, den Heilmittelbehörden melden und möglichst zeitnah ihre Verfahren anpassen. Nur so können – auf der Grundlage solider wissenschaftlicher Erkenntnisse – weltweit harmonisierte Massnahmen für Arzneimittel- oder Substanzgruppen ergriffen werden, um die Arzneimittelqualität sicherzustellen und die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit sicheren Arzneimitteln zu gewährleisten.

Quelle:
Swissmedic, Aktualisierte Anforderungen zum Umgang mit möglichen Nitrosamin-Verunreinigungen in Arzneimitteln

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