Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hat eine Analyse der verfügbaren Daten zum Risiko für Missbildungen, Toxizität und neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern, welche während der Schwangerschaft Antiepileptika ausgesetzt waren veröffentlicht. Basierend auf den aktuell verfügbaren Daten enthält die Analyse für jedes Antiepileptikum detaillierte Angaben zum Risikopotential und ermöglicht eine Klassifikation in Bezug auf das Missbildungsrisiko.

In einer Studie aus dem Jahr 2018 konnte bereits unter Valproat ein erhöhtes Risiko für frühzeitige (im Alter < 6 Jahren) neurologische Entwicklungsstörungen gezeigt werden. Bis zu 30-40% der Kinder, welche in utero Valproat exponiert waren, zeigen schwere Entwicklungsstörungen. Dazu gehören frühkindliche Entwicklungsverzögerungen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen wie Autismus, und ADHS. Daten zu anderen Antiepileptika sind sehr limitiert (Lamotrigin) oder unzureichend und erlauben keine abschliessende Beurteilung.
Valproat ist dasjenige Antiepileptikum, welches am häufigsten zu Missbildungen führt.

Im Vergleich zur Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung zeigen folgende fünf Wirkstoffe ein erhöhtes Missbildungsrisiko: Topiramat, Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin und (Fos)phenytoin.
In Frankreich nehmen mehrheitlich Frauen (ca. 3/4 der Patienten im Alter von 14-49 Jahren) Topiramat ein und die Anzahl steigt weiter an, insbesondere in Rahmen von off-label-Anwendungen als Schlankheitsmittel oder bei bipolaren Störungen. Das teratogene Risiko ist erwiesen und es besteht auch ein potentielles Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen.

Ein potentielles Risiko für Missbildungen und Toxizität ist bei Pregabalin, Gabapentin, Zonisamid, Felbamat und Vigabatrin in Betracht zu ziehen.
In Anbetracht des potentiellen Missbildungsrisikos und der Häufigkeit der Verschreibung appelliert die ANSM an eine wachsame Verwendung von Pregabalin (und dem strukturell verwandten Gabapentin). Die Indikationen sind vielfältig und off-label-Anwendungen, insbesondere bei nicht neuropathischen Schmerzen, sind häufig.

Bei Lamotrigin, Levetiracetam und Oxcarbazepin scheint allgemein die Häufigkeit der Missbildungen nicht erhöht zu sein. Die Datenlage ist je nach Substanz unterschiedlich.
Zu Eslicarbazepin, Ethosuximid, Lacosamid, Perampanel, Retigabin, Rufinamid und Tiagabin gibt es zwar keine Daten, was aber ein Risiko nicht ausschliesst und daher Vorsicht geboten ist.

Quellen:
_ANSM Point d’Information 24 avril 2019 : Antiépileptiques au cours de la grossesse
_Revue Médicale Suisse 651/2019/p1042, Tératogénicité des antiépileptiques : dernières actualités
_Le Moniteur des pharmacies 3272-3273/2019/p24

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