Der Antabus-Effekt ist eine unangenehme Reaktion, die nach Alkoholkonsum auftritt. Dies ist bei einer Entzugstherapie mit Disulfiram erwünscht, weil damit eine Alkoholaversion verbunden ist.

Der Antabus-Effekt setzt 10 Minuten bis 1 Stunde nach Einnahme auch geringer Alkoholmengen ein. Die Symptome klingen normalerweise spontan nach 30 Minuten bis mehreren Stunden ab.

Alkohol wird in der Leber durch die Alkoholdehydrogenase (ADH) in Acetaldehyd umgewandelt und von der Acetaldehyddehydrogenase (ALDH) zu Essigsäure oxidiert. Der Antabus-Effekt wird durch eine toxische Akkumulation von Acetaldehyd im Körper aufgrund der ALDH-Hemmung verursacht.

Der Antabus-Effekt manifestiert sich klinisch folgendermassen:
_vasodilatatorisch bedingte Symptome wie Gesichtsrötungen, Hitzewallungen, Kopfschmerzen, übermässiges Schwitzen, Hypotonie mit reaktiver Tachykardie, Unwohlsein oder Schwindel.
_Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und allenfalls geistige Verwirrung, Ataxie, Krämpfe, Atemdepression, schwere kardiale Störungen bis hin zum Kollaps.

Mehrere Substanzen können für den Antabus-Effekt verantwortlich sein, indem sie die ALDH-Funktion stören:
_Nitroimidazole: Metronidazol (auch vaginal!), Ornidazol, Secnidazol, Tinidazol.
_Cephalosporine mit einer N-Methylthiotetrazol Seitenkette: Cefamandol, Cefmenoxim, Cefoperazon, Cefotetan, Cefazolin, Cefalexin, Cefadroxil, Cefradin
_bestimmte Antimykotika: Griseofulvin, Imidazole wie Ketoconazol (auch lokal)
_Tacrolimus zur kutanen Anwendung

Bei folgenden Substanzen ist der Effekt weniger ausgeprägt:
Bestimmte Sulfonylharnstoffe (Glibenclamid, Glipizid, Tolbutamid) oder Antiinfektiva (Sulfamethoxazol) sowie Procarbazin, Levamisol, Mepacrin, Nikotinsäure (als Vitamin B3 oder PP) und Chloralhydrat.
Gewisse Pilze wie der Falten-Tintling oder der netzstielige Hexen-Röhrling enthalten Toxine, welche die ALDH hemmen. Ungenügend gekocht und mit Alkohol kombiniert können diese Pilze einen Antabus-Effekt auslösen.

Praktische Empfehlungen:
_Bei der Abgabe von Medikamenten mit Antabus-Effekt soll für die gesamte Behandlungsdauer und einige Tage danach vor Alkoholkonsumgewarnt werden. Dabei ist die Halbwertszeit der jeweiligen Substanz zu berücksichtigen (mit mindesten fünf Halbwertszeiten rechnen). Die Kombination mehrerer Substanzen mit Antabus-Effekt erhöhen dieses Risiko.
_Vorsicht vor Medikamenten, welche Alkohol als Hilfsstoff enthalten: Hustensirupe, Trinklösungen, Mundspüllösungen etc.
_Der Patienten muss wissen, dass auch schon kleine Alkoholmengen einen Antabus-Effekt auslösen können. Dazu gehören auch bestimmte topische Produkte (Gels, hydroalkoholische Lösungen für die Hände) oder bestimmte Toilettenartikel (Aftershave, Parfum).

Quellen:
_Petit manuel des troubles d’origine médicamenteuse, Prescrire 2014, p198
_Le guide Médicaments et iatrogenèse, Lavoisier Médecine Science 2015, p50
_Le Moniteur des pharmacies 3143/2016/p34 et 3224/2018 cahier 2 p2

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