Das BAG informiert:
Die Überwachung des Antibiotikaeinsatzes und der Resistenzentwicklung ist ein zentrales Steuerungsinstrument der Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR). Der aktuelle Forschungsbericht gibt Einblick in die Lage in der Schweiz.
Wenn Bakterien unempfindlich oder weniger empfindlich gegenüber Antibiotika werden, spricht man von Antibiotikaresistenz. Antibiotikaresistenzen können die Behandlung von Infektionen erschweren oder sogar verunmöglichen. Die Schweiz ist gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft gefordert, die Entstehung neuer Resistenzen zu verhindern und deren Übertragung und Verbreitung einzuschränken.
2015 wurde daher die Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) lanciert, um den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika zu fördern und die Ausbreitung von Resistenzen zu bremsen. Diese Bemühungen werden mit dem neuen «One Health-Aktionsplan StAR 2024 – 2027» weiter gestärkt.
Die Überwachung von Antibiotikaeinsatz und Resistenzen beim Menschen, bei Nutz- und Heimtieren sowie in der Umwelt ist ein wichtiger Teil der Strategie und des Aktionsplans. Die allgemeine Lage und die Entwicklungen von Einsatz und Resistenzen werden alle zwei Jahre im «Swiss Antibiotic Resistance Report» (SARR) zusammengefasst. Die neusten Ergebnisse liegen nun im aktuellen Bericht vor.
Fortschritte und Optimierungspotenzial in der Verschreibungspraxis
In der Humanmedizin ist der Einsatz von Antibiotika nach der Covid-19 Pandemie insgesamt wieder auf ein ähnliches Niveau wie 2019 angestiegen. Bei Verschreibungen in Hausarztpraxen wurde dabei in 20 Prozent der Fälle bei der Wahl der Antibiotikaklasse nicht den nationalen Richtlinien Folge geleistet. Zudem wird in der lateinischen Schweiz weiterhin wesentlich mehr Antibiotika eingesetzt als in der Deutschschweiz. Beides deutet auf ein Verbesserungspotential bei der Verschreibungspraxis hin.
In der Veterinärmedizin zeigen die aktuellen Daten, dass der Einsatz von Antibiotika insgesamt sinkt und bei allen Tierarten Therapieleitfäden gut berücksichtigt sowie die richtigen Antibiotikaklassen eingesetzt werden. Bei Nutztieren werden Rinder am häufigsten mit Antibiotika behandelt, gefolgt von Geflügel, kleinen Wiederkäuern (Schafe, Ziegen) und Schweinen.
Resistenzsituation in den Bereichen Mensch und Tier
In der Humanmedizin haben sich die Resistenzraten vorläufig stabilisiert. Bei einigen Erregern haben die Resistenzraten seit Messbeginn 2005 deutlich zugenommen, während sie bei anderen stabil geblieben oder gesunken sind.
Insgesamt ist die Schweiz damit weiterhin weniger stark von Infektionen durch resistente Bakterien betroffen als andere europäische Länder, zum Beispiel Frankreich und Italien. Dennoch gehen Schätzungen davon aus, dass in der Schweiz jährlich rund 300 Menschen an Infektionen mit resistenten Erregern sterben.
Im Veterinärbereich werden nebst Proben von erkrankten Tieren auch Fleischproben aus dem Detailhandel und Gewebeproben von gesunden Schlachttieren analysiert.
- Bei E.coli-Bakterien aus dem Darm von Schlachttieren, welche gegen Cephalosporine und oft auch gegen andere Antibiotika resistent sind (sogenannte Multiresistenz), zeigt sich bei Mastpoulets ein deutlicher Rückgang der Resistenzraten über die letzten Jahre.
- Bei Mastschweinen und Mastkälbern blieben diese hingegen unverändert oder stiegen teilweise etwas an.
- Bei Pouletfleisch im Detailhandel ist seit 2014 ein deutlicher Rückgang der Resistenzraten für diese Erreger zu verzeichnen, insbesondere bei Pouletfleisch aus der Schweiz.
Reduktion der Antibiotikabelastung in der Umwelt durch ausgebaute Kläranlagen
Eingenommene Antibiotika werden von Mensch und Tier zum Teil wieder ausgeschieden und gelangen so in Abwasser, Gewässer und Böden. Um die Antibiotikakonzentration im Abwasser zu minimieren, werden aktuell rund 15 Prozent der Schweizer Abwässer mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe gereinigt; bis 2040 sollen es 70 Prozent sein. Nach heutigem Kenntnisstand ist es unwahrscheinlich, dass die gemessenen Antibiotikakonzentrationen die Resistenzentwicklung direkt fördern.
Bemühungen im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen bleiben notwendig
Antibiotikaresistenzen bleiben trotz der oben genannten Fortschritte eine Herausforderung. Mit dem im Juni 2024 lancierten «One Health-Aktionsplan StAR 2024–2027» werden bereits umgesetzte Massnahmen gestärkt, Ziele konkretisiert und Schwerpunkte für die kommenden Jahre gesetzt.
Die Überwachung des Antibiotikaeinsatzes und der Resistenzentwicklung bleibt dabei ein zentrales Instrument zur Umsetzung der Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) und somit aller involvierten Bundesämter, BAG, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Bundesamt für Umwelt (BAFU).
Quelle:
BAG, Swiss Antibiotic Resistance Report 2024