Das BAG informiert:

Adipositas stellt das Schweizer Gesundheitswesen vor grosse Herausforderungen. Um eine derart komplexe Erkrankung wie Adipositas bei den Wurzeln zu packen, braucht es die Zusammenarbeit der involvierten Bundesämter, Institutionen, Fachleute und von Betroffenen.

Die Problematik rund um Adipositas hat sich in den vergangenen 30 Jahren in der Schweiz deutlich verschärft. Der Anteil an adipösen Menschen hat sich in dieser Zeit verdoppelt. Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen – für die betroffenen Patientinnen und Patienten, für das Schweizer Gesundheitswesen und für die Gesellschaft. Übergewicht gehört zusammen mit Rauchen und hohem Alkoholkonsum zu den Risikofaktoren, welche die Lebenserwartung am stärksten reduzieren.

Um diese Entwicklung zu stoppen, hat das BAG früh damit begonnen, entsprechende Programme und Massnahmen zu planen. Im Jahre 2008 startete das Nationale Programm Ernährung und Bewegung. Es verfolgte die Vision, die Bevölkerung zu motivieren, sich ausgewogen zu ernähren und genügend zu bewegen. Damit sollten Übergewicht und Adipositas bekämpft werden.

Nach Ablauf dieses Programmes wurde das Thema in die noch bis Ende 2024 laufende Nationale Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie) integriert, denn Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung von vielen nichtübertragbaren Krankheiten, wie verschiedene Krebsarten oder Herz-Kreislauferkrankungen. Der Fokus der NCD-Strategie liegt auf der Erkenntnis: Ein gesunder Lebensstil bedeutet Vorbeugung von nichtübertragbaren Krankheiten. Deshalb sind Risikofaktoren wie zu wenig Bewegung, unausgewogene Ernährung, Rauchen und Alkohol bei der NCD-Strategie von zentraler Bedeutung.

Fokus auf Kinder und Jugendliche
Früh war zudem klar, dass sich ein besonderer Fokus der Anstrengungen im Bereich Adipositas auf Kinder und Jugendliche richten muss, denn wer als Jugendlicher übergewichtig ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als Erwachsener übergewichtig sein. Um wirksam zu sein, muss die Prävention also früh ansetzen.

Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz (GFCH) hat daher in den kantonalen Aktionsprogrammen den Schwerpunkt auf «Gesundes Körpergewicht bei Kindern und Jugendlichen» gelegt. Und das BAG hat die Evaluation von multidisziplinären Therapieprogrammen bei Kindern und Jugendlichen begleitet, um die Behandlung für Betroffene möglichst wirksam und zugänglich zu machen.

Gemeinsam lösen
Ebenfalls früh zeigte sich, dass das BAG ein derart weitreichendes und vielschichtiges Problem nicht alleine angehen kann. «Nur in Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen können wir etwas bewegen. Die Erkrankung Adipositas ist komplex und somit auch die Ansätze, um sie zu vermeiden und bekämpfen», so Nadine Stoffel-Kurt, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAG. Neben dem BAG und GFCH sind viele Akteure in diesem Bereich aktiv: weitere Bundesämter, Kantone, Fachverbände, Gesundheitsligen, Patientenorganisationen. Diese Zusammenarbeit ist im Rahmen der NCD-Strategie organisiert.

Antoine Bonvin, der sich im BAG ebenfalls mit dem Thema Adipositas befasst, ergänzt: «Unsere Aufgabe besteht auch darin, neue und geeignete Behandlungsansätze zu finden und zu etablieren. Dazu ist es notwendig, die wichtigsten Akteure, welche mit dieser Thematik konfrontiert sind, zusammenbringen und eine positive, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Zusammenarbeit aufzubauen.»

Ein wichtiger Partner ist hier der Verein Allianz Adipositas Schweiz (ALLOB). Die ALLOB bearbeitet im Auftrag des BAG vier Handlungsfelder, darunter die Förderung eines multidisziplinären Therapieansatzes sowie die Sensibilisierung und Entstigmatisierung. Die Allianz führt jährlich am 4. März den «World Obesity Day» in der Schweiz durch, und organisiert ein nationales Symposium zu Adipositas.

An der Wurzel packen
Die Umsetzung der international empfohlenen Massnahmen in der Schweiz lassen sich anhand des sogenannten «Roots»-Ansatz darstellen, entwickelt vom Globalen Adipositasforum im Jahre 2020. Der Ansatz umfasst fünf Handlungsfelder:

_Anerkennung von Adipositas als Krankheit (Recognise obesity)
_Monitoring (Obesity monitoring)
_Prävention auf der Verhaltensebene (Obesity Prevention)
_Behandlung (Treatment of obesity) 
_Anpassung von Strukturen (Systems based approach).

Dieser Ansatz stellt eine wirkungsvolle Bekämpfung von Adipositas sicher. Denn die Wurzeln (Roots) dieser Erkrankung sind komplex und die Prävention und Behandlung muss diese Tatsache berücksichtigen, wenn sie erfolgreich sein will. 

Betroffene einbeziehen
Wichtig ist aus Sicht des BAG zudem der Einbezug der Betroffenen selbst und die Selbstmanagement-Förderung: Es geht darum, Betroffene etwa in die Entwicklung von Massnahmen einzubeziehen, ihre Ressourcen zu stärken und ihre Selbstmanagement-Kompetenz zu verbessern. Ein kompetenter Patient kann sich effizienter um seine Gesundheit kümmern. Dazu gehört auch die Implementierung eines Gesundheitspfads zu Adipositas (siehe Artikel Gesundheitspfad).

Übergewicht und Chancengerechtigkeit
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Chancengerechtigkeit. Die Zahlen belegen, dass benachteiligte Bevölkerungsgruppen stärker von Adipositas betroffen sind. Die Gründe dafür sind komplex und vielseitig, aber es zeigt sich: Die Chancen für ein gesundes Körpergewicht und die Bekämpfung von Adipositas sind nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleich. Das BAG und seine Partner versuchen auf verschiedenen Ebenen, hier Unterstützung zu bieten.  Aber nur die Gesellschaft als Ganzes kann die Zunahme von Adipositas stoppen.

Quelle:
spectra, Ausgabe Nr. 140, März 2024, Leitartikel

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