Swissmedic informiert:

Bei einigen Patienten, die sich nach oder unter der Behandlung mit Alpha-1-Adrenozeptor-Antagonisten, insbesondere mit Tamsulosin, einer Katarakt- oder Glaukom-Operation unterzogen haben, wurde das Auftreten eines intraoperativen Floppy-Iris-Syndroms (IFIS, Intraoperative Floppy Iris Syndrome) beobachtet. Es handelt sich um eine Form der Pupillenverengung, bei der die Symptome schlaffe Iris, intraoperative progrediente Miosis und Irisvorfall zusammentreffen. Das Syndrom kann das Risiko von intra- oder postoperativen Komplikationen am Auge erhöhen (z. B. Verlust der Linse, Netzhautablösung, Endophthalmitis).

In den Fachinformationen zu Tamsulosin-haltigen Arzneimitteln wird unter den unerwünschten Arzneimittelwirkungen darauf hingewiesen, dass bei Katarakt- und Glaukom-Operationen ein IFIS auftreten kann.

Tamsulosin bindet selektiv und kompetitiv an postsynaptische Alpha-1-Adrenozeptoren, insbesondere an die Subtypen Alpha-1A und Alpha-1D, was zu einer Relaxation der glatten Muskulatur der Prostata und der Urethra führt. Da über den Alpha-1A-Adrenozeptor auch der Tonus des Musculus dilatator pupillae kontrolliert wird, kann die Blockade des Adrenozeptors zu einer unzureichenden Pupillenerweiterung führen.

Durch welchen Mechanismus Tamsulosin ein IFIS verursachen kann, ist noch nicht vollständig geklärt. Es könnte auf das Zusammentreffen der Kontraktionshemmung des Musculus dilatator pupillae mit anatomischen Veränderungen (Atrophie des Musculus dilatator pupillae), die sich auch nach Absetzen des Arzneimittels nicht vollständig zurückbilden, zurückzuführen sein.

Wann das IFIS auftritt, ist variabel. Es kann auch bei Patienten vorkommen, die Tamsulosin bereits einige Zeit vor dem chirurgischen Eingriff oder sogar Jahre zuvor abgesetzt haben.

Zu den Risikofaktoren für ein IFIS zählen Hypertonie, männliches Geschlecht, fortgeschrittenes Alter und Einnahme von anderen Arzneimitteln wie Finasterid, Sartane, Benzodiazepine und diverse Antipsychotika. Im Vergleich zu anderen Alpha-1A-Adrenozeptor-Antagonisten weist Tamsulosin ein erhöhtes Risiko auf – möglicherweise aufgrund seiner höheren Affinität und Selektivität zum Alpha-1A-Adrenozeptor. Eine Therapiedauer von mindestens drei Monaten wurde als weiterer Risikofaktor angegeben.

Daher muss das chirurgische Fachpersonal über die Einnahme von Tamsulosin (oder anderer Alpha-1A-Adrenozeptor-Antagonisten) informiert werden, damit es gegebenenfalls eine andere
Operationstechnik verwendet. Ferner sollte bei Patienten mit geplanter Augenoperation keine Tamsulosin-Therapie begonnen werden. Ob das IFIS-Risiko durch das Absetzen des Arzneimittels einige Wochen vor dem Eingriff gesenkt werden kann, wurde bisher nicht nachgewiesen.

Quelle:
Swissmedic, Risiko eines intraoperativen Floppy-Iris-Syndroms in Verbindung mit einer Tamsulosin-Therapie

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