Die saisonale Grippe verläuft in den meisten Fällen gutartig, wobei die Symptome nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich zwei Tagen auftreten und innerhalb von fünf Tagen abklingen, ohne dass eine spezifische Behandlung erforderlich ist.

Komplikationen können bei Patienten mit erhöhtem Risiko auftreten (z.B. Herz- oder Atemwegsinsuffizienz, chronisch Kranke, Alter >65 Jahre, Säuglinge und Frühgeborene bis zum Alter von 2 Jahren, Schwangere vor und nach der Geburt, immunsupprimierte Personen).

Bakterielle Superinfektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen der Grippe. Bakterielle Lungenentzündungen werden als eine der Hauptursachen für die damit verbundene Sterblichkeit angesehen.

Behandlung
Zur Behandlung der Grippe stehen in der Schweiz zwei Neuraminidasehemmer, Oseltamivir oral und Zanamivir inhalativ, sowie Baloxavir marboxil als oraler Hemmer der cap-abhängigen Endonuklease zur Verfügung. Letzterer hat den Vorteil, dass er als Einzeldosis verabreicht werden kann.
Amantadin wird derzeit wegen der hohen Resistenzrate der zirkulierenden Viren nicht empfohlen.

Neuraminidasehemmer haben eine maximale Wirksamkeit, wenn sie innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Krankheit eingesetzt werden. Baloxavir muss ebenfalls innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome eingenommen werden.

Chemoprophylaxe
Bei engem Kontakt mit einer infizierten Person sind Oseltamivir, Zanamivir und Baloxavir zur Postexpositionsprophylaxe zugelassen.
Oseltamivir und Zanamivir sind auch für die präexpositionelle Chemoprophylaxe zugelassen, z.B. bei einem epidemischen Ausbruch der Grippe in einer Institution.

Wirksamkeit
Da die Wirksamkeit dieser antiviralen Mittel zur Verringerung schwerer Komplikationen der Grippe umstritten ist, sollte ihre Anwendung auf Personen mit einem Risiko für schwerwiegende Komplikationen beschränkt werden.
Es ist zu beachten, dass die Inhalation von Zanamivir einen Bronchospasmus verursachen kann. Bei Patienten mit Asthma oder COPD sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden.

Schwangerschaft und Stillzeit
Eine Behandlung mit Oseltamivir kann bei schwangeren oder stillenden Frauen angewendet werden, bei denen eine Grippe vermutet oder bestätigt wurde.
Ist eine Chemoprophylaxe angezeigt, so ist Zanamivir aufgrund seiner begrenzten systemischen Absorption vorzuziehen. Oseltamivir ist eine Alternative, insbesondere wenn ein erhöhtes Risiko für respiratorische Komplikationen besteht.

Wechselwirkungen
Die Einnahme von Oseltamivir oder Zanamivir innerhalb von 48 Stunden vor oder von Baloxavir innerhalb von 17 Tagen vor der Verabreichung des intranasalen abgeschwächten Lebendimpfstoffs gegen Grippe könnte die Wirksamkeit des Impfstoffs verringern.
Ebenso sollten Personen, die diese Antiviralia bis zu zwei Wochen nach der Verabreichung dieses Lebendimpfstoffs eingenommen haben, erneut mit einem inaktivierten oder rekombinanten Impfstoff geimpft werden.

Baloxavir darf nicht gleichzeitig mit Produkten eingenommen werden, die mehrwertige Kationen wie Kalzium, Aluminium, Eisen, Magnesium, Selen oder Zink enthalten.

Quellen:
The Medical Letter, 26/2022/p185
Swiss Medical Forum, 19/2019/p181
La Revue Prescrire 2022, Premiers Choix Prescrire, Grippe saisonnière, 05.2022
Revue Médicale Suisse, 666/2019/p1826
Compendium.ch, Fachinformation Tamiflu, 12.2022
Compendium.ch, Fachinformation Relenza, 12.2022
Compendium.ch, Fachinformation Xofluza, 12.2022

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